STATEMENT
Die in die Jahre gekommene Moderne – eine materialisierte Geisteshaltung, korrumpiert, weich gespült oder falsch verstanden und doch immer wieder sexy. Es ist die Geschichte einer Idee und ihr Absolutheitsanspruch. Was passiert mit dieser Idee in den Händen und Köpfen folgender Generationen: Regeneration oder Degeneration – Verschmutzung und die sich daraus entwickelnden Missverständnisse.
Ein Versuch, das Thema mit malerischen Mitteln zu bearbeiten, ist Feldforschung und Archäologie mit dem Ziel der Landnahme. Ich untersuche selbstverständlich benutzte Gegenstände und finde Zwischenwelten. Dem erscheinenden Formvokabular sind Anspruch und Scheitern eingeschrieben. Verheißung, Bedrohung und urtümlicher Überlebenswille, Simulation und Evolution, Analyse und Mythos, Ordnung und Zuordnung, Regelsysteme und hybride Zwitterwesen manifestieren sich in technoid anmutenden Bildwelten.
In meiner letzten Arbeitsphase begann sich die Bildstruktur von innen heraus zu verändern. Die Stabilität, die Belastbarkeit der Konstruktion als formbildende Kraft scheint in Gefahr. Eine Zersetzung durch biomorphe Strukturen suggeriert den Vorgang des Brütens, Quellens, Anschwellens. Aus medizinischer Sicht beschreibt der Begriff Inkubation, die Zeit zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit. Es könnte sich allerdings auch um einen Phasenbruch handeln, welcher das Paradigma eingeübten Denkens torpediert, somit unsere Gewohnheiten unterwandert.
Hans-Ulrich Wutzler ©
HANS-ULRICH WUTZLER
- 1964 in Lichtenstein geboren
- 1983-88 Arbeit als Dekorateur, Theatermaler, Bühnentechniker und Friedhofsarbeiter
- 1989 - 1994 Studium der Malerei und Grafik an der HfBK Dresden bei Prof. Horlbeck
- lebt und arbeitet heute in Dresden
AUSSTELLUNGEN
1994 Diplomausstellung im Leonardi-Museum
1997/99 pleinair in Mirabel (Frankreich) mit Künstlern der Darmstädter Sezession auf der Matildenhöhe in Darmstadt
2005 Große Sächsische Kunstausstellung in Leipzig
2006 pleinair in Szögart (Ungarn) 2013 mit Volker Beyer
2013 „Upstairs“ mit Philipp Gloger in der Turmgalerie Augustusburg
2014 „Habitable Zone“ Stadtgalerie Radebeul
2014/15 Künstlermesse Dresden
2015/16 Künstlermesse Dresden
2015 „Lapsus Memoriae“ in der BGW Dresden
2016 5. Dresdner Bienale des Kunstfestivals ORNÖ mit Philipp Gloger
2017 “ad oculus demonstrare” bei Maria Arlt (Dresden)
Beteiligung an Kunsttagen im Sektor Dresden
Beteiligung an “of rubble and common ground”, Goethe-Institut Rotterdam
Beteiligung an “Lauter Scherereien”, Atelier der Kosmonauten Berlin
2018 Beteiligung anthe rubble of common ground
“Texturen” Fraunhoferinstitut mit Philipp Gloger
2019 Beteiligung an Bilderberg_89_Bilderflut in der Galerie ADA in Meiningen
WAIDWERK Jagdschloss Hermannsfeld
„Sollbruch“ Interrobang Dresden
„Sphere Out Of Play” mit Daric Gill und Dorothee Haller Kunsthaus Raskolnikoff
Text zur Ausstellung "Sphere Out Of Play" im Kunsthaus Raskolnikoff
Hans-Ulrich Wutzler forscht und sammelt, zeigt das Material als das Vorhandene, das Austauschbare, wobei er in loser Fügung einen geistigen Transportmodus wählt, der nicht allein auf die Kreation verweist, die Neuschöpfung nicht als sinnfällig Ganzes feiert.
Stattdessen beschreibt er den Weg einer Idee, die in ihrem Keim Irrtümer oder Motivationslügen enthält.
Nicht nur Missbrauch oder Domestizierung, sondern banale Missverständnisse… falsche Begeisterung, falsch Verstandenes, falsch angewandtes Wissen…, konterkariert die Kausalität des Entwurfes, die Vorhersehbarkeit einer kulturgeschichtlichen Bedeutung wird unmöglich.
Zyklen der in Besitznahme und des Verlassens hinterlassen Spuren, Beweisstücke, denen jene Geschichte eingeschrieben ist.
Der Künstler fotografiert Banales in monumentaler Perspektive.
Diese aus Bedeutungszusammenhängen herausgelösten Dinge sind bereit, neue Formverbindungen einzugehen, lassen sich abstrakt betrachten und bringen doch ihre Geschichte ins Spiel.
Diese ständig wachsende Sammlung von Fotografien, Skizzen und Zeitungs- ausschnitten nennt er Sekundärmaterial. In freien Assoziationsketten entwickelt der Maler Mischwesen, Hybride, welche sich auf seinen Bildern in zweifelhafter Gewissheit präsentieren.
In jener Sammlung befindet sich ein Foto von einer Haarbürste und einem Kaktus.
Design und Naturformen präsentieren sich in falscher Eintracht.
Diese Zwangsverbindungen bleiben nicht ohne Komik, sei es die Wucht der Konstruktion, die Eleganz des Designs oder die Raffinesse des Entwurfs und seiner Ausführung.
Eine Gefahr außerhalb des Denkbaren, die mit ihrem frühgeschichtlichen Ursprung auch dem modernen Menschen erhalten blieb, legt einen Zweifel über Pathos und Pose, erzeugt Blähungen im Gedärm der Idee.
Jene Bildfindungen bleiben in ihrer vorgetäuschten Nützlichkeit fragil und anfällig und erweisen sich gerade im Moment einer schicksalhaften Bedrohung seltsam gleichgültig, denn es scheint ihrer Natur zu entsprechen, auf absurde Weise neu gefügt zu werden.
Hans Ulrich Wutzler ist vor allem Maler, entwickelt seinen malerischen Kosmos im freien Spiel der Möglichkeiten des gewählten Mediums. Nicht weniger bewegt sich der Gegenstand seiner Betrachtung, auch im Raum einer öffentlichen Diskussion.
Dem Rezipienten, dem Betrachter seiner Bilder, den Verfechtern und Gegnern der Moderne werden Argumente geliefert, Argumente entzogen,
den Mitgliedern einer verstrittenen Erbengemeinschaft liefert er kein juristisch verwertbares Material.
Der Künstler - ein Bewunderer der Choreografie, zeigt wenig Interesse am Kampfgeist der Spieler. Zum Teil müssen sie ihr Spiel ganz ohne Kugel spielen, von der Kugel außerhalb des Spieles ganz zu schweigen.